Die Einstellung der britischen Regierung zum deutschen Widerstand

11. November 2019 19:00

Lothar Kettenacker

Nach 1945 war der Widerstand gegen Hitler im Fokus der historischen Forschung, um den Vorwurf der Kollektivschuld zu entkräften. Man nahm Anstoß daran, dass die britische Regierung nicht gewillt war, den Widerstandskämpfern entgegenzukommen. Aus Londoner Sicht aber entstammten sie zumeist der preußisch-deutschen Machtstaatselite, die man schon im ersten Weltkrieg bekämpft hatte. Churchill sah im „Prussian Militarism“ und in der „Nazi Tyranny“ das doppelte Übel, von dem Europa ein für alle Mal befreit werden sollte. Die Widerstandskämpfer waren zwar moralisch ehrenhafte Männer, aber keine Vorbilder für eine deutsche Demokratie. Man sollte sich gerade heute in Deutschland bewusst sein, dass die 75 Jahre preußisch-deutscher Geschichte (1870-1945) Europa in unermessliches Unglück gestürzt und Großbritannien um seinen Weltmachtstatus gebracht haben.

Als Lektüre zum Thema des Referats empfiehlt sich das Buch Munich von Robert Harris – jüngst erschienen und ausgezeichnet recherchiert (Kettenacker) – auf das im Vortrag Bezug genommen wird.

Lothar L. Kettenacker, geb. 1939 in München, 1968 Promotion an der Johann Wolfgang Goethe – Universität Frankfurt a.M., 1971, Habilitation in Frankfurt a.M. 1983, zunächst Privatdozent, später apl. Professor ebenda. 1975 – 2004 stellvertretender Direktor des neugegründeten Deutschen Historischen Instituts London. Von seinen Publikationen sind besonders hervorzuheben: „Germany since 1945“, Oxford University Press 1997; „Germany 1989. In the Aftermath of the Cold War”, Harlow (Pearson/Longman) 2009. Mit diesen Publikationen gelang es Kettenacker dem enttäuschend geringen Interesse in GB an dem Deutschland der Nachkriegszeit entgegenzuwirken.